Glossar

Atem …

Atem oder Odem in der christlichen Theologie: Im Alten Testament wird der Heilige Geist oft in Verbindung mit dem Atem gebracht: „Gott machte den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen“ (Genesis 2,7).  „Der Atem des Menschen ist eine Leuchte des Herrn, sie durchglüht alle Kammern des Leibes“ (Salomon 20,27).

Prana in der indischen Philosophie: In der Yogatradition und Ayurveda ist „Prana“ das Lebensenergiekonzept. Es steht für die vitale Lebenskraft, die durch alles Lebende fließt. Pranayama, eine der Säulen des Yoga, beinhaltet Atemübungen, die darauf abzielen, das Prana im Körper zu regulieren und zu erhöhen.

Pneuma im antiken Griechenland: Das Wort „Pneuma“ kann als Atem oder Geist übersetzt werden. In der antiken griechischen Philosophie war es sowohl mit dem Leben als auch mit dem Geist verbunden.

Psyche im antiken Griechenland: Das altgriechische Wort Psyche steht für Atem, Hauch und Seele.

Qi oder Chi in der chinesischen Philosophie: In der traditionellen chinesischen Medizin und im Daoismus bezeichnet Qi die Lebensenergie, die in allem existiert. Qigong und Tai-Chi sind Praktiken, die den Fluss von Qi im Körper durch Bewegung und Atmung regulieren.

Ruach in der jüdischen Tradition: Das hebräische Wort „Ruach“ kann mit „Wind“, „Atem“ oder „Geist“ übersetzt werden. In der Bibel wird oft von Gottes „Ruach“ gesprochen, was sowohl den Atem des Lebens als auch den Heiligen Geist symbolisiert.

Atmung

Die Atmung ist die Grundlage allen Lebens – von der ersten bis zur letzten Minute unseres Daseins. Die äußere Lungenatmung beginnt, wenn wir Luft durch die Nase oder den Mund einatmen. Die Atemluft gelangt durch Rachen, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien schließlich in das eigentliche Lungengewebe, die Lungenbläschen (Alveolen). Hier sind Blut und Luft nur durch eine sehr dünne Schicht voneinander getrennt.

Mit dem Übertritt der Atemluft ins Blut beginnt die innere Zellatmung. Sie bezieht sich auf den zweiten Teil des Atmungsprozesses. Nachdem Sauerstoff ins Blut aufgenommen wurde, wird er von roten Butkörperchen zu den Zellen im gesamten Körper transportiert. In den Zellen findet die Zellatmung statt, bei der Sauerstoff und Glukose miteinander reagieren, um Energie zu erzeugen. Bei diesem Prozess entsteht Kohlendioxid als Abfallprodukt. Das Kohlendioxid wird ins Blut abgegeben und auf dem Weg der äußeren Lungenatmung ausgeschieden, wenn wir ausatmen.

Wichtig ist das richtige Verhältnis von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut. Sauerstoff ist entscheidend für die Energiegewinnung im Körper. Die Hauptfunktion von Kohlendioxid ist die Regulation des Säure-Basen-Gleichgewichts im Körper. Ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Sauerstoff und Kohlendioxid ist entscheidend für viele physiologische Prozesse im Körper, einschließlich der Sauerstoff-Übertragung von der Lunge bis zu den Zellen.

Atmung und Herz sind auf das Engste miteinander verbunden. Jeder tiefe Einatemzug lässt das Herz schneller schlagen und jeder Ausatemzug verlangsamt die Herzfrequenz. Die Ausgeglichenheit dieses Systems ist ein Maßstab für das allgemeine Wohlbefinden und hat Auswirkungen auf unser Denken und Fühlen sowie auf die Reaktion unseres Körpers auf Stress. Inzwischen ist wissenschaftlich nachweisbar, dass die Veränderung von Atemmustern einen positiven Einfluss auf den Umgang mit Wut, Angst und Depression und körperliche Probleme wie Bluthochdruck, erhöhter Stresshormonspiegel, Asthma oder Rückenschmerzen hat.

Endokrines Drüsensystem

Die Atmung hat eine regulierende Wirkung auf das endokrine Drüsensystem. Dieses ist zuständig für die Produktion verschiedener Botenstoffe oder Hormone, wobei zwischen stimulierenden und hemmenden Botenstoffen unterschieden wird. Ihr Zusammenspiel entscheidet darüber, ob wir uns wohlfühlen, psychisch robust sind oder nach tiefem erholsamen Schlaf mit guter Laune und Tatendrang aufwachen. Zum endokrinen Drüsensystem gehören Hypothalamus, Hypophyse und Zirbeldrüse im Gehirn, Schilddrüse und Nebenschilddrüse, Bauchspeicheldrüse, Nebennieren und die weiblichen und männlichen Geschlechtsdrüsen (Gonaden).

Eranostagung in Ascona

Die Eranostagungen in Ascona haben eine lange Tradition und sind bekannt für ihre interdisziplinäre Ausrichtung. Wissenschaftler aus Bereichen wie Physik, Biologie, Chemie, Mathematik, Philosophie und anderen Fachgebieten kommen zusammen, um neue Ideen zu präsentieren, Forschungsergebnisse vorzustellen und gemeinsam an wichtigen wissenschaftlichen Fragen zu arbeiten. Ziel ist es, die Grenzen zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zu überwinden und neue Perspektiven zu fördern. Diese Tagungen sind nach ihrem Gründungsort, dem Monte Verità in Ascona, benannt.

Focusing

Focusing ist weniger eine therapeutische Technik als vielmehr die erlernbare Fähigkeit, selbstständig Lösungen bei anstehenden Fragen und Themen im Leben zu finden. Das Wichtigste beim Focusing ist es, den Fragen und Themen die innere Stimme des Körpers zur Verfügung zu stellen und Antworten, die von da kommen, zu berücksichtigen.

Gendlin, Gene

Gene Gendlin (1926-2017) war zunächst Schüler und später Mitarbeiter des Psychologen Carl Rogers, der die Klientenzentrierte Gesprächstherapie entwickelte. Gendlin gründete das Konzept des Focusing, wo er die Bedeutung von vagen oder unklaren Gefühlen und Empfindungen betonte und wie diese für die therapeutische Arbeit genutzt werden können. Er hinterließ ein umfangreiches philosophisches und lehrtherapeutisches Werk.  Seine Ideen werden in der Psychotherapie und verwandten Therapien angewendet und erforscht.

Hyperventilation

Hyperventilation führt durch zu schnelles Einatmen zu einem übermäßigen Verlust von Kohlendioxid (CO2) aus dem Körper. Hyperventilation kann aus verschiedenen Gründen auftreten, einschließlich Angst, Stress oder körperlicher Anstrengung. Die häufigsten Symptome der Hyperventilation sind:

Schnelle und flache Atmung, Schwindel oder Benommenheit, Taubheit oder Kribbeln in den Händen und Füßen, Muskelkrämpfe, Brustschmerzen, Unruhe oder Angstgefühle.

Vorrangiges Ziel einer Behandlung ist es, die Atmung zu normalisieren und das CO2 – Niveau im Körper wiederherzustellen. Dies kann zum Beispiel durch das Verlangsamen der Atmung, einer verminderten Atmung (Buteyko-Methode) und durch Entspannungsübungen erreicht werden.

Hyperventilation tritt häufig auf im Zusammenhang mit:

  • Angststörungen und Panikstörungen
  • Stress / Posttraumatisches Stresssyndrom
  • Hyperventilationssyndrom. Chronisch zu schnelles und flaches Atmen, oft ohne es zu merken. Es führt zu verschiedenen körperlichen Beschwerden, darunter Schwindel, Benommenheit und Muskelkrämpfe.
  • Asthma. Asthmaanfälle können Hyperventilation auslösen, da die Betroffenen versuchen, mehr Luft zu bekommen, was zu einer schnellen Atmung führt.
  • Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Neigung zur Hyperventilation, da die Lungenfunktion eingeschränkt ist und die  Schwierigkeit besteht, ausreichend Luft zu holen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Herzangststörung u.a.

Jung, Carl Gustav

C. G. Jung (1875-1961) war ein Schweizer Arzt und Psychiater. Er begründete die Analytische Psychologie, eine psychotherapeutische Schule, die sich von der Psychoanalyse Sigmund Freuds abgrenzte. Jung betonte die Bedeutung des Unbewussten und entwickelte Konzepte wie das kollektive Unbewusste und Archetypen. Begriffe wie Introversion und Extraversion wurden von ihm in die Psychologie eingeführt. Carl Gustav Jung war eine bedeutende Figur in der Psychologie des 20. Jahrhunderts. Seine Ideen haben das Verständnis der menschlichen Psyche und der individuellen Entwicklung nachhaltig geprägt.

Kroth, Wiltrud

Wiltrud Kroth (1912-1988) gehörte zu den ersten Schüler*innen von Cornelis Veening. Sie begegnete ihm in München während ihrer Gymnastikausbildung in der Schule Kallmeyer-Lauterbach. Später folgte sie ihm nach Berlin, wo sie bis 1945 regelmäßig seine Kurse besuchte und die Einzelarbeit kennenlernte. Außer bei Veening lernte sie bei Margarethe Mhe, Miriam Goldberg und Gustav Richard Heyer.

Wiltrud Kroth verstand sich als Psychosomatische Atem-, Stimm- und Bewegungstherapeutin. Die geistige Grundlage ihrer Arbeit war aufs engste verbunden mit den Werken des Arztes und Psychotherapeuten G. R. Heyer (Der Organismus der Seele) und des Schweizer Kulturphilosophen Jean Gebser (Ursprung und Gegenwart) über die verschiedenen Bewusstseinsebenen. Sie integrierte deren Ansätze in ihrer therapeutischen Atemarbeit. Wiltrud Kroth führte über viele Jahre eine erfolgreiche atemtherapeutische Praxis in Köln und gab regelmäßige Kurse in ihrem Haus in Andernach. Die letzten Lebensjahre wohnte sie in Plön. Hier unterrichtete sie als AFA anerkannte Atemtherapie – Ausbilderin und gab Einzelstunden.

Wiltrud Kroth arbeitete „präzise“. Ihre anleitenden Worte trafen ins Mark des empfindenden Bewusstseins. Suggestive Einflüsse lehnte sie ab. Sie lehrte mich, Tiefen und Höhen mit geerdeten Füßen zu durchwandern.

Neijing Tu

Das Neijing-Tu  oder Karte-des-inneren-Gewebes ist eine bekannte Zeichnung in der traditionellen chinesischen Medizin. Es ist eine Art Körperkarte, die auf der Theorie des Qi und der Meridiane basiert. Sie symbolisiert die geistigen Kräfte des Menschen entlang der Wirbelsäule und Organe. Cornelis Veening hörte 1933 auf der ersten Eranustagung in Ascona einen Vortrag des Sinologen Erwin Rouselle über das Neijing Tu und erkannte Parallelen zu seiner eigenen Atemarbeit.

Psyche und Soma

Psyche, altgriechisch: Atem, Hauch, Seele. Soma, griechisch: Körper, Leib. Psychosomatik bedeutet, dass Körper und Seele zwei untrennbar miteinander verbundene Aspekte des Menschen sind, die nur aus methodischen Gründen oder zum besseren Verständnis unterschieden werden. (Axel Schweighardt, 2005)

Psychosomatische Störungen

Psychosomatische Störungen sind psychische Zustände oder Erkrankungen, die sich in körperlichen Symptomen oder Beschwerden manifestieren, obwohl keine klaren organischen oder physiologischen Ursachen vorliegen. Diese Störungen entstehen oft als Reaktion auf belastende Lebensereignisse, emotionalen Stress, Konflikte oder traumatische Erfahrungen.

Ursachen:  Stress, Angst, Depression, Trauma, Konflikte

Symptome wie Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen, Herzprobleme, Atembeschwerden, Hautprobleme und Muskelschmerzen sind häufig.

Die Prävention psychosomatischer Störungen wird durch einen veränderten Umgang mit Stress, die Förderung einer gesunden Lebensweise und die frühzeitige Behandlung von psychischen Gesundheitsproblemen unterstützt.

Psychosomatische Störungen sind keine Einbildung oder eingebildete Krankheiten. Sie erfordern eine angemessene Betreuung, um die Lebensqualität zu verbessern und die Symptome zu lindern.

Somatoforme Störungen

Somatoforme Störungen sind eine Gruppe von psychischen Erkrankungen, bei denen körperliche Symptome auftreten, für die keine klare medizinische Ursache gefunden werden kann. Stattdessen sind die Symptome stark mit psychischem Stress, psychischen Konflikten oder anderen psychischen Faktoren verbunden. Menschen mit somatoformen Störungen sind fest davon überzeugt, dass ihre körperlichen Beschwerden eine organische Ursache haben, obwohl keine nachweisbare medizinische Erklärung gefunden werden kann.

Somatisierungsstörung: Diese Störung ist gekennzeichnet durch eine lange Geschichte von verschiedenen körperlichen Beschwerden in verschiedenen Organen oder Systemen des Körpers. Die Betroffenen haben oft viele Arztbesuche hinter sich, ohne dass eine medizinische Ursache für ihre Beschwerden gefunden wird.

Somatoforme autonome Funktionsstörung: Bei dieser Störung stehen bestimmte Körperfunktionen im Vordergrund, wie zum Beispiel Herzschlag, Atmung oder Verdauung. Die Betroffenen haben oft ausgeprägte Ängste oder Überzeugungen bezüglich dieser Funktionen.

Schmerzstörung: Diese Störung ist durch anhaltende und schwere Schmerzen gekennzeichnet, für die keine organische Ursache gefunden werden kann. Die Betroffenen leiden unter erheblichem Schmerz und suchen oft wiederholt ärztliche Hilfe.

Somatoforme Konversionsstörung: Bei dieser Störung zeigen die Betroffenen körperliche Symptome, die denen einer neurologischen Erkrankung ähneln, wie Lähmungen, Taubheit oder Anfälle. Diese Symptome sind jedoch nicht auf eine organische Ursache zurückzuführen.

Vegetatives Nervensystem

Der Atem wirkt unmittelbar auf das vegetative Nervensystem. Es ist mit seinen beiden Zweigen Sympathikus und Parasympathikus das wichtigste überlebenssichernde System im Körper, indem es viele lebenswichtige Funktionen des Körpers regelt, einschließlich des Herz-Kreislauf-Systems und der Verdauung. Eine ruhige und tiefe Atmung trägt dazu bei, das Gleichgewicht zwischen dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem zu fördern, was Entspannung und Erholung begünstigen kann.

„All die kleinen Zeichen, die wir im Laufe eines Gespräches instinktiv registrieren – die Muskelbewegungen und Spannungen, die im Gesicht eines anderen Menschen zu erkennen sind, Augenbewegungen und Veränderungen der Pupillengröße, Sprechgeschwindigkeit und Tonhöhe der Stimme – sowie die Fluktuationen in unserer inneren Landschaft – Speichelfluss, Schlucken, Atmung und Herzfrequenz – sind durch ein einziges Regulationssystem, das  vegetative Nervensystem, miteinander verbunden.“ (Paul Ekman)